Foto: privat, zVg
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Einsatzbericht 03.12.2020 - Dramatische Menschenrettung bei Küchenbrand

Dramatische Bilder am Donnerstagmittag mitten am Trauner Hauptplatz. Eine vierköpfige Familie macht aus einer rauchenden Wohnung im 2. Obergeschoss eines Wohnhauses auf sich aufmerksam, unmittelbar oberhalb der angrenzenden Straßenbahnhaltestelle. Während der Vater mit seinen drei Kindern schon erste Anzeichen setzt, einen rettenden Sprung zu wagen, eilen viele Passanten herbei und halten ihn vorerst davon ab bzw. reden den Eingeschlossenen zu. Schon nach kürzester Zeit treffen unzählige Einsatzkräfte der Trauner Polizei, der beiden Trauner Feuerwehren sowie des Roten Kreuzes ein.

Zur Situation vor Ort
Ein Familienvater mit drei Kindern im Alter von 1, 8 und 10 Jahren befindet sich Donnerstagmittag in der knapp 30m² großen Wohnung im zweiten Obergeschoss eines Mehrparteienhauses. Dort entzündet sich kurz nach 14:00 Uhr eine am Herd irrtümlich aufgedrehte Pfanne mit Öl, wodurch es zu einer starken Rauchentwicklung kommt. Die Wohnungstür ist versperrt, der Schlüssel abgezogen. Wohl durch die stressbedingte Situation erschien dem Vater eine Flucht aus der Wohnung unmöglich – die betroffene Kochnische befindet sich unmittelbar neben der Wohnungstür. Deshalb öffnet er das Richtung Hauptplatz situierte Wohnzimmerfenster und macht dort mit seinen drei Kindern hektisch auf sich aufmerksam, aus dem Fenster quillt zu diesem Zeitpunkt bereits Rauch.

Direkt unterhalb des Fensters befindet sich entlang einer Geschäftszeile eine Trafik mit einer ausgefahrenen Markise, ebenso einige Beton-Blumentröge und angrenzend auch die Straßenbahnhaltestelle “Hauptplatz Traun“ mit Oberleitungen – der vorhandene Platz ist also sehr begrenzt. Der Vater sitzt mit seinen drei Kindern am Fenstersims und macht dort durch Rufen und Winken auf sich aufmerksam, wirft Kleidungsstücke aus dem Fenster auf die Markise darunter. Während der Vater mit seinen drei Kindern immer wieder schon erste Anzeichen setzt, einen Sprung wagen zu wollen, eilen schon viele Passanten – auch aus angrenzenden Geschäften - herbei und halten ihn vorerst davon ab bzw. schreien den Eingeschlossenen zu.

Gegen 14:15 Uhr gehen schließlich etliche Notrufe bei Polizei und Feuerwehr ein, woraufhin Großalarm ausgelöst wird. Die ersten Einsatzkräfte vor Ort sind Trauner Polizeistreifen, die sofort auf die Familie einreden und gestikulieren - eine Kommunikation zeigt sich durch sprachliche Verständigungsschwierigkeiten jedoch äußerst schwierig. Auch versuchen Polizisten und Passanten noch das Aufstellen einer von einem Baufahrzeug geliehenen Aluleiter, jedoch reichte diese nicht zum Fenster. Nur 4 Minuten nach Alarmeingang trifft dann das erste Fahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Traun und der Betriebsfeuerwehr Dr. Franz Feurstein an der Einsatzstelle ein.

Kommandant-Stv. Thomas Andexlinger war mit dem ersten Fahrzeug der FF Traun vor Ort: "Als unmittelbare Erstmaßnahme wurde der sofortige Aufbau eines Sprungretters (Anm. dieser wird am erstausrückenden RLFA 3000 mitgeführt) veranlasst, die Drehleiter befand sich zu diesem Zeitpunkt noch auf Anfahrt.“ Das Aufstellen des Sprungretters war aufgrund der örtlichen Gegebenheiten zum Glück binnen Sekunden möglich, aufgrund der Beton-Blumentröge aber sehr knapp. Immerhin konnte so aber ein sofortiger Rettungsweg geschaffen werden. Beim Sprungrettereinsatz sollte Bedacht darauf gelegt werden, dass das Gerät schon abseits der Sprungstelle aufgeblasen und vorbereitet wird und erst dann die letzten Meter zum Aufstellort positioniert wird. Damit kann einem vorzeitigen und lebensgefährlichen Sprung ins nicht fertig aufgerichtete Gerät vorgebeugt werden.

Zeitgleich geht der erste Atemschutztrupp über das rauchfreie Stiegenhaus zur versperrten Brandwohnung vor. Absolute Priorität hatte zu diesem Zeitpunkt die Menschenrettung, da nicht feststand, ob sich noch mehr Personen in der Wohnung befinden. Und umso wichtiger zeigt sich wiederum ein weiterer Grundsatz, dass ein rauchfreies Stiegenhaus als Flucht- und Rettungsweg ebenso dringliche Priorität haben soll.

Die rettenden Sprünge
Letztlich konnte nach dem Herunterbrechen der Markise der Bereich unterhalb des Fensters soweit gesichert werden, als der Vater schließlich seine Kinder und zuletzt sich selbst nacheinander in den Sprungretter fallen lässt. Natürlich kostete dem Vater das zögerliche „Loslassen“ der Kinder eine absolut verständliche Überwindung. Die Kinder wurden einzeln sofort aus dem Sprungretter herausgezogen und dem Roten Kreuz zur weiteren Betreuung übergeben. Beim Fallenlassen der beiden älteren Kinder zeigte sich, wie wichtig die korrekte Positionierung und laufende Beobachtung der Position des Sprungretters unter dem Fenster ist, das Baby und der Junge sind mehr oder weniger senkrecht in die ideale Mitte des Sprungretters gefallen. Beim Verfehlen des Sprungretters wäre man direkt am harten Boden aufgeschlagen, was aufgrund der Höhe unweigerlich zu schweren Verletzungen geführt hätte.

Nachdem die Kinder in sicherer Obhut der Retter sind, läuft der Vater nochmals aus unbekannter Ursache zurück in die Wohnung, erscheint aber schließlich wieder am Fenster. Nun steigt auch er aus dem Fenster heraus, hängt sich mit dem Gesicht zur Hausmauer herab und hantelt sich mit den Händen am Fenstersims entlang, ehe er sich direkt entlang der Hausmauer fallen ließ.

Drei Minuten nach Eintreffen der Feuerwehr am Einsatzort war die Rettung aller 4 Personen über den Sprungretter schon abgeschlossen. Aufgrund sprachlicher Barrieren und der emotionalen Situation vor Ort war die Kommunikation mit der Familie für die Einsatzkräfte leider sehr schwierig, um ihnen Anweisungen für den richtigen Sprung zu geben. Jedoch gelang allen der rettende Sprung ohne weitere Verletzungen, die Familie wurde nach einer Erstversorgung ins Krankenhaus eingeliefert.

Die Atemschutzträger haben sich zeitgleich mittels TNT-Tool Zugang zur Wohnung geschaffen, der Brand im Küchenbereich konnte schließlich sehr rasch abgelöscht werden. Das Kochgut und der betroffene Herd wurden ins Freie gebracht. Die Bewohner der angrenzenden Wohnungen wurden in der Erstphase über das rauchfreie Stiegenhaus ins Freie verbracht.

Zwischenzeitlich kam es jedoch im Außenbereich zu einem unglücklichen Zwischenfall. Der Gruppenkommandant eines Feuerwehrfahrzeuges kam beim Aussteigen durch witterungsbedingten Schnee und Glatteis zu Sturz. Er musste vom Roten Kreuz versorgt werden und wurde in weiterer Folge ins Krankenhaus eingeliefert. Der Rettungsdienst war mit etlichen SEW’s vor Ort, auch das Notarzteinsatzfahrzeug wurde durch die anfängliche Alarmierung an die Einsatzstelle entsandt.

Der Trauner Feuerwehrkommandant-Stellvertreter Sascha Hannesschläger ist als Einsatzleiter besonders stolz auf die unglaublich tolle und nahtlose Zusammenarbeit aller beteiligten Trauner Einsatzkräfte - von Polizei, Rotem Kreuz und der Betriebsfeuerwehr Dr. Franz Feurstein. "Es bedurfte in den ersten Sekunden nicht vieler Anweisungen und Worte, hier liefen sämtliche Handlungsschritte aller Beteiligten nahezu selbstverständlich und wie ein präzises Zahnrad abgestimmt ab. Binnen weniger Minuten konnte die Familie gerettet werden."

Der 25-jährige Familienvater aus dem Kongo schildert in einem ORF-Interview die dramatischen Minuten: „Das Feuer ist so schnell ausgebrochen, es war schlimm. Zum Glück geht es uns gut, aber die Kinder sind traumatisiert. Sie fragen sich immer wieder, was da wirklich passiert ist. Sie kommen damit noch nicht klar. Mir sind vor dem Sprung viele Gedanken durch den Kopf gegangen, ich dachte nur an die Kinder“, so der Familienvater. Der 8-jährige Sohn hatte unglaubliche Angst: „Ich dachte, ich muss jetzt sterben. Es war einfach furchtbar, es hat schon so stark geraucht. Zum Glück hat uns mein Vater retten können“, so der 8-Jährige.

Leider waren von Anbeginn an auch unzählige Schaulustige vor Ort, die die Situation mit ihren Smartphones filmten, entsprechende Videos kursierten rasch durch die sozialen Medien. Einen positiven Nebeneffekt feuerwehrintern hat jedoch auch das durch Passanten vorhandene Foto- und Bildmaterial, es dient ideal der genauen Auswertung und Nachbesprechung des Einsatzes, um wichtige Erkenntnisse daraus ziehen zu können.

 
Daten zum Einsatz
  • Einsatzdauer: 14:15 bis 16:15 Uhr
  • Gesamt-Einsatzleiter: OBI Sascha Hannesschläger
  • Einsatzkräfte der FF Traun: KDO 1, KDO 2, RLFA 3000, DLK 23-12, SLFA 2000, GTLF 9000, LAST 2, 
  • Weiters im Einsatz: Polizei, Rotes Kreuz, Notarzt, 
  • Medienberichte:
    - laumat.at
    - fotokerschi.at

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